Lebensqualität und INSEL – "Instrument zur praxisnahen Erfassung von Lebensqualität in Pflegeeinrichtungen"

Neben der „Sozialraumorientierung“ ist „Lebensqualität“ das zweite große Ziel der Keppler-Stiftung. Bei diesem Stichwort denken die meisten an alles, was für sie das Leben nach ihren Wünschen und Vorstellungen lebenswert macht: Wohlstand oder gute Wohnverhältnisse, der spürbare Spaßfaktor oder ausreichende Möglichkeiten zum Rückzug, friedliche Lebensumstände oder Gesundheit. „Lebensqualität“ ist kein Begriff, der einen sofort an das Leben in Pflegeheimen denken lässt. Und doch ist genau hier die Herausforderung bedeutsam: Es geht darum, in der Situation der Pflege- und Hilfebedürftigkeit das Optimum des Möglichen herauszufinden und zu realisieren. Es geht um das gut Altwerden.

Lebensqualität als Aufgabe

Die Lebensqualität von Bewohnerinnen und Bewohnern ist in unseren Seniorenzentren das zentrale Thema. Was wichtig ist und was zur persönlichen Lebensfreude beiträgt, ist aber von Person zu Person verschieden. Kann eine Pflegeeinrichtung die sehr unterschiedlichen Vorstellungen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner von Lebensqualität überhaupt erfahren und nutzen?

Praxistauglich und wissenschaftlich fundiert

Die Paul Wilhelm von Keppler-Stiftung ist hierfür einen besonderen Weg gegangen. In Zusammenarbeit mit Gerontologen der Universität Heidelberg hat sie das „Instrument zur praxisnahen Erfassung von Lebensqualität in Pflegeeinrichtungen“ – INSEL entwickelt. Die Grundidee: Ein klares Bild ergibt sich erst, wenn man die Eigen- und die Fremdperspektive zusammenführt.

Die Nutzung von INSEL soll in einem andauernden Prozess die Lebensqualität in den Seniorenzentren der Paul Wilhelm von Keppler-Stiftung erhalten und verbessern. Seit 2007 werden daher die Bewohnerinnen und Bewohner mit Hilfe von INSEL dazu interviewt, was für sie Lebensqualität ist.

Zwei Perspektiven

Bestechend an INSEL ist: Es werden die Perspektiven der Betreuten und der Betreuenden erfasst!
Mittels INSEL wird neben Bewohnerinnen und Bewohnen (ggf. Angehörigen) auch die Gruppe der Betreuenden interviewt. In diesen Interviews wird offen und neutral gefragt. Jede Äußerung ist wichtig und wird notiert. Angesprochen werden zwölf Dimensionen der Lebensqualität
 

Die zwölf Dimensionen

  1. Körperliches und psychisches Wohlbefinden: Möglichst weitgehende Schmerzfreiheit, nicht schwitzen oder frieren
  2. Sicherheit: Auf gute Absichten der Umwelt vertrauen, keine Sturzgefährdung
  3. Unterstützung bei Einschränkungen: Notwendige Hilfe erhalten, mögliche Unabhängigkeit bewahren
  4. Essen und Trinken: Vielfältiges Speisenangebot, Wahlmöglichkeiten, flexible Essenszeiten
  5. Anregung und sinnvolle Beschäftigung: Interessen und Hobbys weiterverfolgen, Langeweile vermeiden
  6. Soziale Kontakte und Beziehungen: Das richtige Maß an Beziehungen erhalten, Gefühl der Teilhabe
  7. Würde: Gefühl, von anderen respektiert zu werden, Einhalten der Intimsphäre
  8. Privatheit: Privatsphäre jederzeit wahren, ausreichend Raum für persönliche Dinge
  9. Religiosität und Sinngebung: Persönliche Religiosität leben, als sinnvoll erlebte Aufgaben durchführen
  10. Selbstbestimmung: Entscheidungen treffen, das Leben, z. B. den Tagesablauf, selbst steuern
  11. Wohnkomfort: Ausstattung bietet Qualität und Komfort, keine Lärmbelästigung
  12. Servicequalität: Als „Kunde“ ernst genommen werden, Personal ist jederzeit zuvorkommend

INSEL - wie es im Buch steht

Im Herbst 2014 ist INSEL in Buchform erschienen: Unter dem Titel

„Lebensqualität in der stationären
Altenpflege mit INSEL. Konzeption, praxisnahe Erfassung, Befunde und sozialpolitische Implikationen“

beschreiben Frank Oswald, Hans-Werner Wahl, Peter Antfang, Christof Heusel, Alfons Maurer und Harry Schmidt das Instrument und die Befunde einer Forschungsanalyse von rund 850 Interviews und Daten zur Evaluation.

Zudem werden ausführliche Informationen zum Training gegeben und Potenziale der Anwendung im Alltag stationärer Pflegeeinrichtungen aufgezeigt. Sozialpolitische Implikationen runden das Bild ab. Das Buch richtet sich an Mitarbeitende der Altenpflege, Heimträger, Forscher und Studierende.

Lit Verlag (Oktober 2014)
ISBN 978-3-643-12122-6

Kontakt
Mail: insel@keppler-stiftung.de

Weiterentwicklung von INSEL für die ambulante Pflege


Unterstützung durch die Veronika-Stiftung


Die Keppler-Stiftung ist dabei, das zunächst für die stationäre Pflege entwickelte System INSEL für den Bereich des betreuten Wohnens und des Servicewohnens fortzuschreiben. In diesen Wohnformen werden von der Keppler-Stiftung gegenwärtig ca. 600 Menschen begleitet. Die Veronika-Stiftung (Rottenburg) fördert die Projektkosten der Weiterentwicklung für die wissenschaftliche Begleitung sowie die Personal- und Sachkosten mit 30.500 Euro. Für diese Förderzusage dankt die Keppler-Stiftung ihr sehr.
Näheres zur Veronika-Stiftung finden Sie hier:
www.veronika-stiftung.de